Propsteikirche Herz Jesu zu Lübeck

Gründung und Architektur – eine Symbiose aus Tradition und Innovation

Die Propsteikirche Herz Jesu wurde von 1881 bis 1891 nach den Plänen des Arnold Güldenpfennig im neugotischen Stil errichtet und verdankt ihren Namen der großen Bedeutung, die der Herz-Jesu-Frömmigkeit im 19. Jahr­hundert zukam.
Obwohl ihr eher traditioneller Name es nicht vermuten lässt, zählt sie zweifels­ohne zu den ganz besonderen Kirchen: Sie ist nicht nur die erste nach­reformatorische katholische Kirche in Lübeck, sondern zeichnet sich auch durch eine eher unübliche Bauform aus. Der weiche Baugrund war letztlich dafür verantwortlich, dass sich der Chor im Westen und der Turm im Osten befinden. Kreuzweise aufragende Steildächer – die sogenannte „Bischofsmütze“ – bilden den Turmabschluss.
Im Innenraum der Kirche wechselten sich ziegel­sichtige und verputzte Flächen, die mit neugotischen Elementen und Ranken bemalt waren, ab. Altar, Taufe, Kanzel, Kommunionbank, Beichtstühle und die Kirchenbänke schufen im Zusammenhang mit der architektonischen Gestaltung eine geschlossene Einheit.

Glocken vor der Weihe
Glocken vor der Weihe
Propsteikirche
Propsteikirche
Kircheninnenraum nach Sanierung
Kircheninnenraum

Die Krypta: Märtyrer-Gedenkstätte

Der Glaube gegen die Diktatur

1940 richtete der damalige Kaplan Eduard Müller zusammen mit einigen Jugendlichen der Gemeinde den ehemaligen Kohlen­keller unter dem Chorraum der Kirche als Versammlungs­raum her. Müller war, so wie die Lübecker Kapläne Hermann Lange, Johannes Prassek und der Lübecker Pastor Karl-Friedrich Stellbrink überzeugter Gegner des National­sozialismus.
Ihren Mut und ihre Courage bezahlten die vier Geistlichen mit ihrem Leben: Sie wurden wegen „Vorbereitung zum Hochverrat, Rundfunk­verbrechen (damit war das Abhören und die Weitergabe von Nachrichten sogenannter „Feindsender“ gemeint), Zersetzung der Wehrkraft und landes­verräterischer Feind­begünstigung“ zum Tode verurteilt. Am 10. November 1943 richteten die Nazis die vier Männer hin. So wurden sie zu „Blutzeugen Christi“.

Das Vermächtnis des Guten

Von 1954 bis 1955 wurde die Krypta als zweiter Gottesdienst­ort der Kirche und zur Gedenkstätte ausgebaut. Die Urne von Kaplan Lange wurde 1955 in der Krypta beigesetzt. Karl-Friedrich-Stellbrinks Urne wird in der Luther­kirche verwahrt, die Asche von Eduard Müller und Johannes Prassek wurde nicht freigegeben, sondern auf dem Gelände des KZ Neuengamme bei Hamburg verstreut. Zu Ehren der Märtyrer wurde die Herz Jesu-Kirche 1958 zur Propstei­kirche erhoben, die Selig­sprechung der Lübecker Kapläne Johannes Prassek, Eduard Müller und Hermann Lange fand im Juni 2011 statt.
Die Gedenkstätte in der Propstei­kirche Herz Jesu würdigt die vier Geistlichen auf eine ganz besondere Weise: In einem ebenerdigen Ausstellungs­raum wird die Lebens­geschichte der Märtyrer unter Berücksichtigung zeit- und kirchen­geschichtlicher Aspekte aufgearbeitet. Die „Schatzkammer“ im Unter­geschoss des Anbaus zeigt Original­stücke aus dem Alltag der Märtyrer.

Krypta der Propsteikirche Herz Jesu
Krypta
Eingang zur Gedenkstätte (von Kirche aus)
Eingang zur Gedenkstätte
Märtyrer-Gedenkstätte
Märtyrer-Gedenkstätte

Kunstwerke in der Propsteikirche Herz Jesu

Anna Selbdritt, Madonna, Pietá

Mit der mittelalterlichen Darstellung der Anna Selbdritt (Marias Mutter Anna, Maria und das Jesuskind) wird daran erinnert, dass Menschen auch im eigenen Glauben Kinder der Eltern sind und frühere Konfessionen Wertschätzung verdienen.
Im ehemaligen Südportal lädt die Madonna (Maria als Gottesmutter) zur Betrachtung und zum Gebet ein, in der rechten Seitenkapelle zeigt die Pietá („Schmerzens­mutter“) den Leichnam des Gekreuzigten auf dem Schoß seiner Mutter.

Herz Jesu-Triptychon I

Das Triptychon „Sanctus in der Herzenswunde Jesu“ (Hans Dragosits) an der südlichen Kirchenwand wahrt den Bezug zum Namen der Kirche: Die schwarze Außentafel symbolisiert den Karfreitag oder die dunkle Nacht des Glaubens, die rote das Sterben Jesu. In Verbindung mit der mittleren Tafel, auf der das Wort „sanctus“ unzählige Male geschrieben steht und auf der eine Blutbahn verläuft, symbolisieren sie die Verbindung zwischen Leben, Sterben und Auferstehen.

Herz Jesu-Triptychon II

Während die weiße Sanctus-Schrift auf schwarzem Untergrund dem Sterben und dem Tod entgegen­steht, ist das Rot Ausdruck für das pulsierende Blut, das Herz, aber auch die Liebe und ist Blutzeugnis der vier Märtyrer, die in der Propstei­kirche Herz Jesu ein lebendiges Andenken gefunden haben.

Anna Selbdritt, Madonna und Pietá
Anna Selbdritt, Madonna und Pietá
Herz Jesu-Triptychon
Herz Jesu-Triptychon
Ausschnitt der fünften Kreuzwegstation
Ausschnitt der 5. Kreuzwegstation

Hl. Konrad, Taufe, Altar, Öle-Schrein, Kreuz

Die Statue des Heiligen Konrad (Kaspar Arendt, ca. 1935) begrüßt die Kirchen­besucher schon in der Turmhalle. Im Zentrum der Kirche stehen die neugotische Taufe (1891), der Oster­leuchter (1724) und der Altar (1968) für die beiden Ur-Sakramente Taufe und Eucharistie. Der Taufstein ist der Ort, an dem die Menschen das Sakrament der Taufe empfangen, den Übergang in die Kirche beschreiten und den Weg hinaus in den Alltag antreten. Er steht in Verbindung zum Schrein, in dem die geweihten Öle für Taufe, Firmung und Kranksalbung aufbewahrt werden. Über dem Altar hängt ein bronziertes Gipskreuz (Ernst Barlach, 1930), das viele Jahre seinen Platz in der Lübecker Kirche St. Vicelin hatte.

Tabernakel, Dornenkrönung, Kreuzweg, Jesuitenbilder

In der linken Seitenkapelle entdecken Besucher den Tabernakel – Aufbewahrungsort für das eucharistische Brot und Platz für die persönliche Anbetung Jesu Christi. Die an der Wand neben dem Tabernakel angebrachte „Dornenkrönung“ stammt aus dem neugotischen Hochalter, der 1972 bei einem Brand­anschlag zerstört wurde. Die 14 Ölbilder der „Kreuzweg­stationen“ zeichnen den Leidensweg Christi nach und können in den Seiten­schiffen bewundert werden. Über den Seiten­kapellen hängen Bernhard Wulfs (1620-1701) Darstellungen von dem Gründer des Jesuiten­ordens, dem Heiligen Ordens­gründer Ignatius von Loyola, und dem Heiligen Franz Xaver.


Umbau und Sanierung

1968 wurde die Kirche zum ersten Mal entsprechend der Liturgie­reform des zweiten vatikanischen Konzils umgestaltet: Der neugotische Hochaltar, die Kanzel, Chorgitter, Kommunionbank, die Seitenaltäre und Beicht­stühle wurden entfernt, die Chorfenster dafür nach unten verlängert. Sie erhielten eine intensive rote Verglasung, die mit grünen und blauen Kreuzen besetzt wurden und den Bezug zum Namen der Kirche und den Märtyrern aufrecht­erhalten. Die Farben Rot, Blau und Grün symbolisieren die Liebe, den Glauben und die Hoffnung. Der Chorraum, die Gewölbe und die Wände der Kirchen­schiffe wurden weiß gefasst.

2012 erfolgten die Sanierung der Kirche und eine zweite Neuordnung nach liturgischen Vorgaben. Bereits ein Jahr später – Ende Juni 2013 – wurde sie mit der Weihe von Altar, Ambo, Tabernakel und Glocken ihrer Bestimmung übergeben.

Öffnungszeiten

Für Besucher
Montag bis Samstag 07:00 – 19:00 Uhr
Sonntag 09:00 – 20:00 Uhr

Gottesdienste
Sonntag 11:15 Uhr und 19:00 Uhr
Montag bis Freitag 18:15 Uhr

Anschrift/Kontakt

Propsteikirche Herz Jesu zu Lübeck
Parade 4
23552 Lübeck

0451 7098765

(alle Angaben ohne Gewähr, Änderungen vorbehalten)