Gesehen auf https://www.ostsee.de/luebeck/propsteikirche-herz-jesu.php am 21.11.2024
Propsteikirche Herz Jesu zu Lübeck
Gründung und Architektur – eine Symbiose aus Tradition und Innovation
Die Propsteikirche Herz Jesu wurde von 1881 bis 1891 nach den Plänen des Arnold Güldenpfennig im
neugotischen Stil errichtet und verdankt ihren Namen der großen Bedeutung, die der Herz-Jesu-Frömmigkeit
im 19. Jahrhundert zukam.
Obwohl ihr eher traditioneller Name es nicht vermuten lässt, zählt sie zweifelsohne zu den ganz
besonderen Kirchen: Sie ist nicht nur die erste nachreformatorische katholische Kirche in Lübeck,
sondern zeichnet sich auch durch eine eher unübliche Bauform aus. Der weiche Baugrund war letztlich
dafür verantwortlich, dass sich der Chor im Westen und der Turm im Osten befinden. Kreuzweise aufragende
Steildächer – die sogenannte „Bischofsmütze“ – bilden den Turmabschluss.
Im Innenraum der Kirche wechselten sich ziegelsichtige und verputzte Flächen, die mit neugotischen
Elementen und Ranken bemalt waren, ab. Altar, Taufe, Kanzel, Kommunionbank, Beichtstühle und die
Kirchenbänke schufen im Zusammenhang mit der architektonischen Gestaltung eine geschlossene Einheit.
Die Krypta: Märtyrer-Gedenkstätte
Der Glaube gegen die Diktatur
1940 richtete der damalige Kaplan Eduard Müller zusammen mit einigen Jugendlichen der Gemeinde den
ehemaligen Kohlenkeller unter dem Chorraum der Kirche als Versammlungsraum her. Müller war, so
wie die Lübecker Kapläne Hermann Lange, Johannes Prassek und der Lübecker Pastor Karl-Friedrich
Stellbrink überzeugter Gegner des Nationalsozialismus.
Ihren Mut und ihre Courage bezahlten die vier Geistlichen mit ihrem Leben: Sie wurden wegen
„Vorbereitung zum Hochverrat, Rundfunkverbrechen (damit war das Abhören und die Weitergabe von
Nachrichten sogenannter „Feindsender“ gemeint), Zersetzung der Wehrkraft und landesverräterischer
Feindbegünstigung“ zum Tode verurteilt. Am 10. November 1943 richteten
die Nazis die vier Männer hin. So wurden sie zu „Blutzeugen Christi“.
Das Vermächtnis des Guten
Von 1954 bis 1955 wurde die Krypta als zweiter Gottesdienstort der Kirche und zur Gedenkstätte
ausgebaut. Die Urne von Kaplan Lange wurde 1955 in der Krypta beigesetzt. Karl-Friedrich-Stellbrinks
Urne wird in der Lutherkirche verwahrt, die Asche von Eduard Müller und Johannes Prassek wurde
nicht freigegeben, sondern auf dem Gelände des KZ Neuengamme bei Hamburg verstreut. Zu Ehren der
Märtyrer wurde die Herz Jesu-Kirche 1958 zur Propsteikirche erhoben, die Seligsprechung der
Lübecker Kapläne Johannes Prassek, Eduard Müller und Hermann Lange fand im Juni 2011 statt.
Die Gedenkstätte in der Propsteikirche Herz Jesu würdigt die vier Geistlichen auf eine ganz
besondere Weise: In einem ebenerdigen Ausstellungsraum wird die Lebensgeschichte der Märtyrer
unter Berücksichtigung zeit- und kirchengeschichtlicher Aspekte aufgearbeitet. Die „Schatzkammer“
im Untergeschoss des Anbaus zeigt Originalstücke aus dem Alltag der Märtyrer.
Kunstwerke in der Propsteikirche Herz Jesu
Anna Selbdritt, Madonna, Pietá
Mit der mittelalterlichen Darstellung der Anna Selbdritt (Marias Mutter Anna, Maria und das Jesuskind)
wird daran erinnert, dass Menschen auch im eigenen Glauben Kinder der Eltern sind und frühere
Konfessionen Wertschätzung verdienen.
Im ehemaligen Südportal lädt die Madonna (Maria als Gottesmutter) zur Betrachtung und zum Gebet ein, in
der rechten Seitenkapelle zeigt die Pietá („Schmerzensmutter“) den Leichnam des Gekreuzigten auf
dem Schoß seiner Mutter.
Herz Jesu-Triptychon I
Das Triptychon „Sanctus in der Herzenswunde Jesu“ (Hans Dragosits) an der südlichen Kirchenwand wahrt den Bezug zum Namen der Kirche: Die schwarze Außentafel symbolisiert den Karfreitag oder die dunkle Nacht des Glaubens, die rote das Sterben Jesu. In Verbindung mit der mittleren Tafel, auf der das Wort „sanctus“ unzählige Male geschrieben steht und auf der eine Blutbahn verläuft, symbolisieren sie die Verbindung zwischen Leben, Sterben und Auferstehen.
Herz Jesu-Triptychon II
Während die weiße Sanctus-Schrift auf schwarzem Untergrund dem Sterben und dem Tod entgegensteht, ist das Rot Ausdruck für das pulsierende Blut, das Herz, aber auch die Liebe und ist Blutzeugnis der vier Märtyrer, die in der Propsteikirche Herz Jesu ein lebendiges Andenken gefunden haben.
Hl. Konrad, Taufe, Altar, Öle-Schrein, Kreuz
Die Statue des Heiligen Konrad (Kaspar Arendt, ca. 1935) begrüßt die Kirchenbesucher schon in der Turmhalle. Im Zentrum der Kirche stehen die neugotische Taufe (1891), der Osterleuchter (1724) und der Altar (1968) für die beiden Ur-Sakramente Taufe und Eucharistie. Der Taufstein ist der Ort, an dem die Menschen das Sakrament der Taufe empfangen, den Übergang in die Kirche beschreiten und den Weg hinaus in den Alltag antreten. Er steht in Verbindung zum Schrein, in dem die geweihten Öle für Taufe, Firmung und Kranksalbung aufbewahrt werden. Über dem Altar hängt ein bronziertes Gipskreuz (Ernst Barlach, 1930), das viele Jahre seinen Platz in der Lübecker Kirche St. Vicelin hatte.
Tabernakel, Dornenkrönung, Kreuzweg, Jesuitenbilder
In der linken Seitenkapelle entdecken Besucher den Tabernakel – Aufbewahrungsort für das eucharistische Brot und Platz für die persönliche Anbetung Jesu Christi. Die an der Wand neben dem Tabernakel angebrachte „Dornenkrönung“ stammt aus dem neugotischen Hochalter, der 1972 bei einem Brandanschlag zerstört wurde. Die 14 Ölbilder der „Kreuzwegstationen“ zeichnen den Leidensweg Christi nach und können in den Seitenschiffen bewundert werden. Über den Seitenkapellen hängen Bernhard Wulfs (1620-1701) Darstellungen von dem Gründer des Jesuitenordens, dem Heiligen Ordensgründer Ignatius von Loyola, und dem Heiligen Franz Xaver.
Umbau und Sanierung
1968 wurde die Kirche zum ersten Mal entsprechend der Liturgiereform des zweiten vatikanischen Konzils umgestaltet: Der neugotische Hochaltar, die Kanzel, Chorgitter, Kommunionbank, die Seitenaltäre und Beichtstühle wurden entfernt, die Chorfenster dafür nach unten verlängert. Sie erhielten eine intensive rote Verglasung, die mit grünen und blauen Kreuzen besetzt wurden und den Bezug zum Namen der Kirche und den Märtyrern aufrechterhalten. Die Farben Rot, Blau und Grün symbolisieren die Liebe, den Glauben und die Hoffnung. Der Chorraum, die Gewölbe und die Wände der Kirchenschiffe wurden weiß gefasst.
2012 erfolgten die Sanierung der Kirche und eine zweite Neuordnung nach liturgischen Vorgaben. Bereits ein Jahr später – Ende Juni 2013 – wurde sie mit der Weihe von Altar, Ambo, Tabernakel und Glocken ihrer Bestimmung übergeben.
Öffnungszeiten
Für Besucher
Montag bis Samstag 07:00 – 19:00 Uhr
Sonntag 09:00 – 20:00 Uhr
Gottesdienste
Sonntag 11:15 Uhr und 19:00 Uhr
Montag bis Freitag 18:15 Uhr
Anschrift/Kontakt
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